Agil & virtuell –
Die Zukunft der Teamarbeit?
Agile Strukturen werden für Unternehmen immer mehr zu einem Qualitätskriterium, auf das auch potentielle ArbeitnehmerInnen schauen. Doch wie anwendbar sind Scrum und ähnliche Systeme in traditionellen Branchen? Mehr als 25 PE-lerInnen aus verschiedenen Branchen diskutierten hierüber beim 76. Treffen des PE-Netzwerkes in den research-team Seminarräumen.
Was ist überhaupt agil?
Nach Begrüßung durch Gastgeber Martin Weßel von research-team und Einleitung von Dr. Paul Jiménez als Vertreter des PE-Netzwerkes, gab Anita Bregenzer vom Fachbereich für Arbeits-, Organisations- und Umweltpsychologie der Karl-Franzens-Universität Graz einen fachlichen Input zum Thema „Agilität und virtuelle Teams“.
Virtuelle Teams sind räumlich und teilweise auch zeitlich versetzte Arbeitsgruppen, deren Kommunikation hauptsächlich über virtuelle Medien stattfindet. Durch zunehmende Internationalisierung von Unternehmen und Organisationen werden virtuelle Arbeitsgruppen immer häufiger.
Agile Teams zeichnen sich aus durch hohe Autonomie und hohe Flexibilität. Sie können mit Änderungen optimal umgehen. Die Interaktion und Kommunikation steht im Vordergrund. Agile Teams werden aktuell vor allem in der Softwarentwicklung eingesetzt („Scrum“).
Obwohl Agilität derzeit in aller Munde zu sein scheint, ist das Thema bisher wissenschaftlich kaum erforscht. Parallelen bestehen aber zu s.g. „(teil)autonomen Arbeitsgruppen“ – einem Forschungsthema aus den 70er und 80er Jahren. Wie bei diesen Gruppen, könnte die besondere Effizienz von agilen Teams auf sehr hohe Ressourcen zurückzuführen sein (Handlungsspielraum, sozialer Austausch…). Für das Forschungsteam stellt sich die Frage, ob diese Ressourcen nicht auch für virtuelle Teams förderlich sein könnten. Dies soll ein zukünftiger Forschungsschwerpunkt werden.
Theorie vs. Praxis – Wie anwendbar ist Agilität?
In den folgenden Kleingruppen sollte das Gehörte mit der anwesenden Praxiserfahrung der PE-lerInnen in Einklang gebracht werden. In vier Diskussionskreisen wurde diskutiert und Erfahrung ausgetauscht:
Was kann man unter agilem Arbeiten verstehen? Kann die gesamte Organisation agil sein?
Für die Diskussionsrunde waren agile Teams durch eine deutlich flexiblere, projektbezogene Rollenverteiltung gekennzeichnet. Die einzelnen Teammitglieder sind stärker miteinander vernetzt und haben einen entsprechend erweiterten Handlungsspielraum. Um dies zu ermöglichen, müssen besondere Meetingformate bestehen, mit denen auf der Umsetzungsebene entschieden werden kann. Im Fokus steht das Produkt bzw. der/die KundIn.
Wann können agile Teams erfolgreich sein? Wo gibt es Stolpersteine?
In dieser Diskussion wurde schnell eine zentrale Erkenntnis des Abends deutlich: Die Führungskräfte spielen auch in dieser „hierarchiearmen“ Form der Organisation eine entscheinde Rolle. Sie müssen stärker die Rolle eines Coaches einnehmen und den Rahmen für die gemeinsame Arbeit stecken. Eine transparente Kommunikation auf Augenhöhe sollte möglich sein und der Umgang mit Fehlern lösungsorientiert gestaltet sein. Letztendlich muss Raum dafür geschaffen werden, agil arbeiten zu können.
Ist die Führungskraft überhaupt noch aktuell im Zeitalter der Agilität?
Wie oben bereits festgehalten, tragen die Führungskräfte auch im agilen System die Verantwortung für das Wie der Zusammenarbeit. Ihr Schwerpunkt sollte auf dem Festlegen der Rahmenbedingungen liegen. Sie ermutigen die MitarbeiterInnen zu einem gemeinsamen Mindset und bieten als Coach/BeraterIn Unterstützung.
Können virtuelle Teams auch agil aufgebaut sein?
Gleich zu Beginn wurde in dieser Gruppe ein Widerspruch deutlich: Agile Teams sind stark auf zwischenmenschliche Beziehungen angewiesen. Gerade das Vertrauen der Führungskraft spiel eine große Rolle. In virtuellen Teams ist diese Komponente jedoch meist zu wenig vorhanden. Hier ist ein klares Regelwerk von Nöten, um für alle (internationalen) Teammitglieder die gleichen Werte zu definieren. Einzelne Tools des agilen Management könnten aber durchaus auch für virtuelle Teams interessant sein, wenn sie (technisch) sinnvoll implementiert werden können.
Auch nach Ende der Veranstaltung kam es noch zu spannenden Gesprächen
Fazit: Ein spannendes Thema mit Zukunftspotential
Auch in den anschließenden Gesprächen am Buffet wurde klar, dass das Thema Agilität die Personalentwicklung beschäftigt und auch in Zukunft eine Rolle spielen wird. Zweifelhaft ist, ob sich die agilen Strukturen auf alle Unternehmensarten und Branchen übertragen lassen. Und auch die Frage, ob alle Menschen in agilen Systemen effektiv und zufrieden arbeiten können, scheint noch nicht geklärt zu sein.
research-team bedankt sich beim Arbeitsbereich für Arbeits- Organisations- und Umweltpsychologie der Universität Graz für den inhaltlichen Input und bei allen TeilnehmerInnen für die spannenden Diskussionen. Wir sind schon gespannt auf die nächsten PE-Netzwerktreffen.